Die Formel des Jahres 2020:

Die Formel des Jahres 2020:


Chaos + Ordnungssuche x Ratlosigkeit : Optimismus – Nachlässigkeit = Allgemeinbefinden


Ich weiß nicht so Recht, was ich am Ende des Jahres 2020 schreiben soll. Es ist nicht möglich, einen Rechenschaftsbericht vorzulegen, denn was wir getan, hat keiner gesehen. Wenn wir in den privaten Wohnungen saßen und Trachten reparierten, uns Theaterstücke ausdachten, in der eigenen Werkstatt Museumsstücke restaurierten, Briefe an Freunde ins Ausland schrieben, um Netzwerke zu erhalten, das alles hat keiner gesehen. Es gab keine Veranstaltungen, wo Trachtenröcke im Wind flogen, wo urige Altenburger Mundart im Mikrofon erklang, wo Leute schmunzelten über unsere Schnorren und sich auf die Schenkel klatschten beim Tanz. Die Kehlen sind stumm, weil die Chöre nicht proben konnten, manch historisches Ereignis ist verklungen, weil es keine Möglichkeit gab öffentlich daran zu erinnern. Hat uns jemand vermisst? Diese Frage ist schwer zu beantworten, denn die Menschen waren zu sehr damit beschäftigte zu erfahren, welche Verordnung gerade wieder in Kraft getreten ist, ob man die Mund-Nase-Bedeckung aufsetzen muss, wenn man in eine Stadt eines anderen Bundeslandes reist, ob man gebucht, was jetzt als Risikogebiet eingestuft wird? Trachtentragen in Zeiten von Corona ist eine Herausforderung und wir haben immer wieder versucht, uns nicht unterkriegen zu lassen. Wir planten den „Tag der Tracht“ - abgesagt; wir organisierten Referenten für den „Tag des Thüringer Brauchs“ - abgesagt; wir bestellten Fahrzeuge und übten Choreografien für den Deutschen Trachtentag in Niedersachsen – abgesagt; wir hatten alles im Griff für die „Gala-Nacht der Tracht“ – abgesagt; wir haben fleißig geprobt für die Thüringer Dudelsackweihnacht – der Absage ganz nah; und wir waren sicher dass wir eine Jahreshauptversammlung durchführen können – abgesagt!


Auch wenn wir drei der schönsten Trachten Deutschlands in unseren Reihen wissen, so war es unmöglich sie als Botschafter Thüringens in die Welt zu schicken, denn auch die EUROPEADE in Klaipeda hatte ein Schicksal – abgesagt.


Natürlich haben wir uns per Smart- und Telefon verständigt, haben Skype, Newsletter, Instagram und Whatsapp gefüllt, doch ganz egal was wir taten, nichts kann den persönlichen Kontakt ersetzen. Unsere hochentwickelte Gesellschaft steht rat- und fast hilflos einem kleinen Virus gegenüber. Immer noch gibt es Leute, die dessen Gefährlichkeit leugnen, das ist fahrlässig, doch ich habe schon zu oft im Leben gemerkt, dass der Mensch erst schlau wird, wenn es ihn selber betrifft. Wenn ihm ins Portmonee gegriffen wird oder wenn er selbst von der Krankheit befallen, dann, ja dann, sind plötzlich immer die anderen schuld.


Aus der Genealogie wissen wir, das Generationen von Menschen überlebten, weil sie sich zu schützen wussten, früher vor den Tieren, die Pest und Cholera mitbringen, heute vor der Ansteckung aus Niesen und Händedruck. Viele Familien sind ausgestorben, weil sie sich nicht an einfache Regeln hielten, andere, wie die Familie Lucas Cranach, die aus Gotha stammt, blüht noch heute. Mehr als zehntausend Menschen sind heute Nachkommen Martin Luthers. Eines zeichnet diese Familien aus, sie pflegen ihren Stammbaum, ob durch Familientreffen oder den Austausch von Daten.


Wer heute glaubt, die Pandemie würde uns lehren, später alles besser zu machen, der irrt. Wer glaubt, die Pandemie würde uns entschleunigen, an dem rast die Zukunft unbeachtet vorüber, wer denkt, die Pandemie hätte nur einen Funken GUTES, der weiß nicht, was wirklich gut für ihn und diese Welt ist.


Alle Kraft daran zu setzen, Corona in die Knie zu zwingen, das muss auch Aufgabe aller Menschen in Tracht sein, denn Tracht zu tragen trägt dazu bei, nicht den Mantel des Schweigens auszubreiten, nicht den Hut in den Ring zu werfen zu Fehlinformationen und schon gar nicht etwas unter den Rock zu kehren, was nächste Generationen belastet.

Möge es in der Menschheitsgeschichte nur einmal eine Corona-Weihnacht geben, damit die Welt friedlich und nahrhaft für alle ihre Bewohner bleiben möge.


Zum Jahresende grüßt Euch ein nachdenklicher


Knut Kreuch

Landesvorsitzender