Aenne Goldschmidt – Michel (8.11.1920 – 24.1.2020)

Aenne Goldschmidt – Michel (8.11.1920 – 24.1.2020)


„…. auf zwei müssen Sie schweben…“ – dieser Satz ist sicher den meisten Tänzerinnen und Tänzern in Erinnerung, die bei Aenne Goldschmidt ihren legendären Unterricht zum Thema Walzerschritte und -formen erleben durften oder bei der Einstudierung ihres „Ländlichen Walzers“ zu technischer Präzision und natürlicher Interpretation geführt wurden.


Im schweizerischen Bern geboren, im klassischen Tanz ausgebildet, fand sie zunächst im Ausdruckstanz ihre Berufung, bevor sie sich ganz der deutschen Folklore widmete; wissenschaftlich, als Verfasserin des „Handbuch des deutschen Volkstanz“, und choreografisch, mit zahlreichen unverwechselbaren Choreografien, darunter ihr „Winzertanz“, „Die Ballade von den schwarzen Fahnen“ und nicht zuletzt ihr „Meisterstück“, die Bauernkriegsballade „Die Bauern sind einig worden“, das sie mit dem Folkloretanzensemble „Thea Maass“ der TU Dresden einstudierte.


Am 24.1.2020 ist Aenne Goldschmidt, eine der bedeutendsten Choreografinnen, Tanzpädagoginnen und Wissenschaftlerinnen auf dem Gebiet der deutschen Bühnenfolklore, im Alter von 99 Jahren in Basel gestorben.


Maud Butter, Schülerin und Nachfolgerin von Aenne Goldschmidt, künstlerische Leiterin des Folkloretanzensembles „Thea Maass“ der TU Dresden, Dozentin für Deutsche Folklore an der Palucca Hochschule Dresden und seit 2004 Tanzleiterin der Seminare des Thüringer Landestrachtenverbandes e.V.



Worte zu Aenne Goldschmidt von Anneliese Rühle, Behrungen…


Wenn wir an den Thüringer Volkstanz denken, sind unsere Gedanken eng verbunden mit der Choreografin und Tanzpädagogin Aenne Goldschmidt. Sie ist am 24. Januar 2020 im Alter von 99 Jahren, in Basel (Schweiz) verstorben.


Sie verstand es wie keine andere, uns authentisch mit den Besonderheiten des Thüringer Volkstanzes vertraut zu machen. In Folge ihrer Feldforschungen in den verschiedenen Regionen Deutschlands und insbesondere in Thüringen und Franken, war ihr Wissen und Können eng mit dem lebendigen Tanz in unseren Dörfern und Gemeinden verwachsen. Mit großer Leidenschaft vermittelte sie die vielfältig überlieferten Formen, Schritte und Tänze, wie Walzer, Rheinländer, Mazurka, Polka, Schottisch, Dreher bis hin zum Kontertanz.


Wir, die Teilnehmer der Spezialschule für Leiter des künstlerischen Volksschaffens, im Bereich Folklore, an der Bezirkskulturakademie Suhl profitierten in den 80er Jahren, enorm von diesem Wissen und Können. Ein Kulturschatz, der uns Tanzleiter auch heute noch prägt. Frau Aenne Goldschmidt legte stets ein großes Augenmerk auf eine korrekte, stilsichere Tanzausführung und Schrittqualität. Hohe Priorität setzte sie dabei stets auf Körperhaltung und Ausstrahlung der Tänzerinnen und Tänzer, wobei die geschichtlichen und kulturhistorischen Hintergründe eine wesentliche Rolle spielten. Sie sagte, dass was ihr tanzt müsst ihr zeitversetzt nachempfinden und dem Zuschauer, unter Beachtung der Gegenwart wiederspiegeln. Ihr Hang zur Präzision machte die Ausbildung zu einer besonderen Herausforderung.


Ebenso sind uns ihre vielen Weiterbildungen in guter Erinnerung, in denen sie das Vermittelte wiederholte, festigte und weiterentwickelte. So ist es für uns eine Verpflichtung, das fundierte Wissen und Können zu pflegen und als eine wesentliche Grundlage unseres volkstänzerischen Schaffens zu sehen.


Ihre Standardwerke „Handbuch des deutschen Volkstanzes“ mit dem dazugehörigen Vokabular der Volkstanzschritte sowie die Fortführung „Volkstänze aus Thüringen und der Rhön“ und „Geschicklichkeits-Tänze und –Spiele“ sollten in keiner Tanzgruppe fehlen.


Alle, die von ihr ausgebildeten Tanzleiter blicken mit Stolz, Respekt und Anerkennung auf die erworbenen Volkstanzgrundlagen zurück und sind dankbar für die Begegnung mit Frau Aenne Goldschmidt, eine herausragende Tanzpädagogin und inspirierende Persönlichkeit.


… und von Frank Hößel, Folkloretanzgruppe Kaltenlengsfeld e.V.


Aenne Goldschmidt war tief mit dem vielseitigen Brauchtum Thüringens verbunden. Auf dem Gebiet des Deutschen Volkstanzes verarbeitete sie ihre flächendeckende Feldforschung zu wertvollen Nachschlagewerken, ausdrucksstarken Choreographien und Folkloretänzen für den Bühnentanz. Die Rhön lag ihr besonders am Herzen. Eine langjährige fruchtbare Zusammenarbeit konnte dabei mit der Folkloretanzgruppe Kaltenlengsfeld gepflegt werden. Prägend für uns waren die unerschöpflichen Erfahrungen von Aenne Goldschmidt, ihre solide und disziplinierte Art unsere ganze Kraft von der Bühne wirken zu lassen und Musiker, Sänger und Tänzer als ein Ensemble entstehen zu lassen. Herzlichen Dank für diese unvergessliche Zeit und gemeinsamen Erfolge. Wir werden ihr ein ehrendes Gedenken bewahren.