Tag der Tracht in Gotha: Außergewöhnliche Politikerin wurde geehrt
Der dritte Sonntag im Oktober ist bei Deutschlands und Thüringens Trachtenträgern fest im Kalender eingetragen. Seit über zehn Jahren findet an diesem Tag der bundesweite „Tag der Tracht“ statt, an dem seit einigen Jahren immer mehr Veranstaltungen rund um das Kleid der Heimat zahlreiche Besucher anziehen. Der Thüringer Landestrachtenverband hat indes in diesem Jahr gemeinsam mit dem Deutschen Trachtenverband zu einem ganz besonderen Höhepunkt in die Residenzstadt Gotha eingeladen.
Trachtenvielfalt lebt und wird in Thüringen gepflegt
Eine der festlichsten und selbstverständlichsten Angelegenheiten zum Trachtentragen war und ist der Kirchgang. Trachten gab und gibt es für die unterschiedlichsten Anlässe und Gegebenheiten im Jahres- und Lebenslauf. Für die Hochzeit, die Taufe, die Trauer, den Alltag oder die Arbeit. Die Vielfalt ist schier unendlich und vieles ist leider heute vergessen. In Thüringen pflegen die ca. einhundert Vereine des Thüringer Landestrachtenverbandes mit der Thüringer Trachtenjugend das Kleid der Heimat bereits lange Zeit und sind dieser Aufgabe auch für die Zukunft verpflichtet. Deswegen gab es am Tag der Tracht auch in Thüringen einige Leuchtturmveranstaltungen, von denen die Verleihung der „LUISE“ am 21. Oktober 2018 in Gotha sicherlich die bedeutendste darstellt.
Erinnerung an die Nestorin der Thüringer Trachtenforschung
Der Deutsche Trachtenverband e. V. verleiht seit 2004 die LUISE, die höchste Auszeichnung in Deutschland in der Heimat- und Brauchpflege. Bisherige Preisträger waren der Münchner Otto Kragler, Hilde Gutjahr aus Gießen und der Baden-Württemberger Jürgen Hohl. Die LUISE ist eine künstlerisch wertvolle holzgeschnitzte Plastik einer Frau in Thüringer Tracht, benannt nach der Frau, die sich um das Jahr 1900 große Verdienste in der Trachtenforschung erworben hat, Luise Gerbing. Diese ist die Urenkelin von Christian Gotthilf Salzmann, sie wurde am 23. April 1855 in Schnepfenthal geboren und verstarb am 25. Februar 1927. Die naturverbundene „Thüringer Waldfrau“ hat sich dem Lebenswerk der Volkstrachten, Volkskunde, Flurnamen, Verkehrs-und Siedlungsgeographie verschrieben. Die Krönung des Lebenswerkes von Luise Gerbing bildete das Erscheinen des Thüringer Trachtenbuches, im Jahre 1925. In diesem Buche sind die Ergebnisse ihrer jahrelangen Studien, Forschungen und Sammlungen über die Trachtenkunde niedergelegt.
Ehemalige Staats-Präsidentin der Republik Lettland erhielt höchste Auszeichnung
Am 21. Oktober 2018 wurde mit der LUISE erstmals eine Frau geehrt, die in der Politik und Öffentlichkeit einen unwahrscheinlichen Einsatz für die Tracht und das Nationalgefühl geleistet hat. Der Deutsche Trachtenverband e.V. vergibt seit 2004 die LUISE, diese Skulptur, ist die höchste Auszeichnung auf dem Gebiet der Heimatpflege, des Brauchs und der heimatlichen Traditionen in Deutschland. Frau Dr. Vaira Vike Freiberga lettische Staatspräsidentin a.D. ist die Preisträgerin der „LUISE“ im Jahre 2018.
Am deutschlandweiten Tag der Tracht, dem 21. Oktober 2018, wurde ihr die „LUISE“ in der Schlosskirche auf dem Friedenstein verliehen. Ein würdiger Rahmen für die Ehrung einer Persönlichkeit in Tracht, die die Kleidung der Heimat mit Selbstverständnis in die Öffentlichkeit getragen hat. Sie hat die Tracht auf das europäische Parkett geführt und bei Staatsanlässen und zur Repräsentation getragen. Leider ist bisher kein Staatsoberhaupt ihrem Beispiel gefolgt und hat eine Tracht angelegt, wenn internationale Staatsgäste zu begrüßen waren. Sie ist die erste Demokratin Europas, die mit ihrer Kleidung ein Zeichen für gesunden Nationalstolz, Heimat und Zusammengehörigkeit setzte.
Text: Dirk Koch
Fotos: Norbert Sander