Vom Altenburger Ziegenkäse zur Braunkohle und zurück

Vom Altenburger Ziegenkäse zur Braunkohle und zurück

Gegensätzliche Eindrücke bei der Osterferienaktion der Thüringer Trachtenjugend

Carolin und Danilo vom Heimatverein Ponitz begrüßten die Teilnehmer der Osterferienaktion in Tracht und mit Mundart in der Jugendherberge Schloss Windischleuba. Dazu gab es einige Fragen, z.B. zum Mantel von Danilo oder zum Hormt von Carolin. Ganz spezielle Trachtenteile, die die Altenburger Bauerntracht so ganz besonders machen.



Überhaupt: das Altenburger Land und seine Spezialitäten, die von den Ferienlagerteilnehmern erforscht wurden. Spitzenreiter dabei wurde der Altenburger Senf, dicht gefolgt vom Mutzbraten, dem berühmten Ziegenkäse und dem Huckelkuchen. Die Senfhersteller in Altenburg sind so erfindungsreich, dass sogar Einheimische die neuesten Sorten noch gar nicht kennen. So faszinierten der pinke Einhornsenf und der blaue Trabisenf und fanden Weg in so manche Reisetasche.


Bei Malcher und Grün-Wenzel

Standesbewusst und traditionsbezogen waren die Altenburger Bauern bereits in alter Zeit. So ist es nicht verwunderlich, dass in den 1930er Jahren auf dem Bahnsteig des Altenburger Bahnhofes der „Malcher“, der Altenburger Bauer in Tracht, als Standbild in Überlebensgröße aufgestellt wurde. Carolin erklärte uns die Trachtenbestandteile und manche Kinder erkannten diese sogar wieder. In der Bahnhofshalle befindet sich der kleine Kollege vom großen Malcher, der niedliche Grün-Wenzel aus dem Skatspiel. Die anderen drei Wenzel sind allerdings nicht so friedlich wie ihr netter Bruder aus der Bahnhofshalle, sie dreschen sich in Stein gehauen auf dem Skatbrunnen.



Milben im Tontopf

Dr. Christian Klau vom Verein Altenburger Bauernhöfe führte uns über seinen historischen Hof, welchen er seit 1994 mit seiner Familie bewohnt. „Am schönsten fanden wir die Stube“, so meinten manche Kinder. Die Wandmalereien, das Zinngeschirr, die historische Beleuchtung, überhaupt das ganze Ambiente versetzten in die große Zeit der Altenburger Bauern zurück. Familie Klau nutzt die Räume alltäglich. „Wir leben hier, das ist kein Museum.“, erläuterte Christian Klau. Am Kanapee lagen Bücher über die Probsteier Tracht und die Marburger evangelische Sonntagstracht, grade erst war Christian Klau auf dem Deutschen Trachtentag in Marburg. Die Altenburger Tracht ist neben Bauernhof und Pfadfinden eine seiner Leidenschaften. Aufsehenerregend fanden alle den Milbenkäse, eine typische Altenburger Spezialität. „Dieser Käse kann uralt werden“, so Christian Klau. Als er ein Exemplar aus dem Tontopf nahm, fielen die Milben massenweise ab. Ob der Käse dann gekostet wurde? Natürlich, der eine oder andere ließ es nicht nehmen. Die Reaktion ging von „Nie wieder!“ über „Eingeschlafene Füße“ bis zu „Rustikal Lecker!“. Norbert nahm sich sogar ein Glas Milben mit und wird in Zukunft eifrig Milbenkäse herstellen. Alle sind gespannt auf ein kulinarisches Ergebnis.



Feudale Unterbringung

Die Jugendherberge in den historischen Mauern des Wasserschlosses in Windischleuba verströmte eine faszinierende Atmosphäre. Die Thüringer Trachtenjugend war damit erstmalig in einem Schloss mit ihrer Ferienaktion zu Gast. Da gibt es Türen, die irgendwohin führen, geschichtsträchtige Gewölbe, interessante Bilder und historische Waffen an den Wänden. Das Beste aber waren das gute Essen und die nette Betreuung durch das Jugendherbergsteam. Ein feudales Haus, in das man gern wiederkehrt. „Ihr habt Euch selbst übertroffen“, dieses Kompliment ging bei der Abreise so manchem Teilnehmer der Ferienaktion über die Lippen.



Mundart geht schon mal durch den Magen

Im Altenburger Land wird Mundart gelebt und gepflegt. Doch wie sieht es in den anderen Landesteilen Thüringens aus. Da seit einiger Zeit ein Projekt der Thüringer Trachtenjugend im Programm PARTHNER des Heimatbundes Thüringen läuft, war die Ferienaktion die richtige Plattform, um einmal herauszubekommen, wie es in den Heimatorten der Teilnehmer um die Mundart steht. In Brotterode gibt es z.B. eine Mundartgruppe, in Mosbach wird kaum noch Platt gesprochen, es soll aber wieder verstärkt gepflegt werden. Ein paar Worte kannten die Kinder dann doch noch, z.B. „Kumpest“, das Sauerkraut. Und das essen auch die „Hundsfresser“ gern. So wurden die Einwohner eines gewissen Ortes im Thüringer Wald wegen ihrer angeblichen Vorliebe betitelt. Was Nachbarorten auch so alles nachgeredet wird! Südlich des Rennsteigs geht der Dialekt ganz deutlich ins Mainfränkische, wie uns vier Mädels aus Lindenberg bei Sonneberg ganz deutlich bewiesen. Übrigens stellt der Name ihrer Trachtengruppe „Schumlach“ ein ganz gutes Beispiel für Ortsneckerei dar. Er wurde in den Nachbardörfern für Lindenberg verwendet, weil die Dorfbewohner dort angeblich schummelten. Konrad und Leonhardt aus Reurieth bei Hildburghausen bewiesen, wie Mundart durch den Magen geht und stellten ein Kochbuch aus ihrer Heimatregion vor.



140 Karpfen unterm Kühlturm

Über der Altenburger Land stehen fast ständig zwei riesengroße Rauchsäulen, die sich am Himmel zu Wolken zu formen scheinen. Die Ursache dieser Erscheinung befindet sich aber nicht im Altenburger Land selbst, sondern im Südraum Leipzig. Zudem steigt auch kein Rauch in den Himmel, sondern Wasserdampf. Er entsteht bei der Energieerzeugung im Kraftwerk Lippendorf, welches zum Ziel einer Tagesexkursion wurde. Ein Halt am Aussichtspunkt des Tagebaus Vereinigtes Schleenhain zeigte apokalyptische Landschaften, hinter denen die gigantischen Dampfsäulen ins Firmament steigen. Angekommen im Kraftwerk Lippendorf beeindruckte der Gang durch die Kesselhäuser mit Turbinen und der besonders der Aufstieg auf die Kesselhäuser selbst. In greifbarer Nähe grüßte die Silhouette der Messestadt Leipzig, aus der deutlich das Völkerschlachtdenkmal herausragt. Herr Dornberg vom Kraftwerk erläuterte die Wirkungsweise und weitere Wege zu neuen Energien. Das Abwasser in den Kühltürmen ist so sauber, dass zahlreiche Algen darin wachsen. Dieses Problem lösten die Ingenieure dadurch, dass in jedem Wasserbassin 140 Karpfen eingesetzt wurden, die mit den Algen reichlich Nahrung finden. Eine Methode, Strom zu sparen, konnte dann übrigens gleich in der Jugendherberge ausprobiert werden: Immer Licht aus, wenn es nicht gebraucht wird. Übrigens gar nicht so einfach! Es wird öfter nicht beachtet, als man denkt.



Text: Dirk Koch

Fotos: Norbert Sander