Tag des Thüringer Brauchs in Hüpstedt

Wettspinnen der Rekorde



Heldburgerin siegte mit 188 Metern Fadenlänge,

Rhöner Mädchen schaffte 95 Meter


Das historische Gutshaus in Hüpstedt war am letzten Sonntag im August erfüllt vom heimeligen Schnurren der Spinnräder. 20 Spinnerinnen und ein Spinner wetteiferten um den längsten Faden. Thüringer Landestrachtenverband, Heimat- und Wanderverein Hüpstedt und der Thüringer Landfrauenverband hatten zum 4. Thüringer Wettspinnen eingeladen.


Landesvorsitzender Knut Kreuch eröffnete Tag des Thüringer Brauchs


Das 4. Wettspinnen war eingebettet in den Tag des Thüringers Brauchs, welchen der Landestrachtenverband jedes Jahr am letzten Sonntag im August zu einem traditionellen Thema ausrichtet, in diesem Jahr zum Wollespinnen. Trotz knapper Zeit ließ es sich der Thüringer Trachtenchef Knut Kreuch nicht nehmen, persönlich die Veranstaltung zu eröffnen. Er war letztmals vor 5 Jahren in Hüpstedt, als hier das Unstrut-Hainich Kreistrachtenfest stattfand. Danach wurde im Vortrag an die jüngere Geschichte des Wollspinnens erinnert, welches vor allem in der Zeit nach 1945 wieder auflebte. Die Menschen waren nach dem Krieg gezwungen, Textilien selbst herzustellen, und das Spinnen der Wolle gehörte als Basisarbeit dazu. Oft waren es Umsiedler, die die Kunst des Wollespinnens wieder mit nach Thüringen brachten und auch über die Jahrzehnte der DDR für die Schafhalter spannen. Zahlreiche Vereine des Thüringer Landestrachtenverbandes, unter anderem in Tabarz, Wandersleben, Friemar und eben in Hüpstedt spinnen bis heute und bemühen sich, die alte Kunst an die jüngeren Generationen weiterzugeben.


Thüringer, Hessen und Sachsen-Anhaltiner im hitzigen Wettstreit



Der Ruf des Thüringer Wettspinnens hat nicht nur Wettbewerberinnen aus Thüringen angezogen. Dana Dimmerling aus Hessen nahm bereits bei der letzten Veranstaltung teil und brachte Verstärkung mit. Aus Sachsen- Anhalt kamen zwei Allstedterinnen. Der Ort liegt unmittelbar an der Landesgrenze zu Thüringen und kann auf eine lange Spinntradition verweisen. Bereits 1843 wurde hier ein Spinnabend mit ca. 120 Teilnehmern veranstaltet, der im Saal des Bürger- und Schießhauses stattfand. Beim gegenwärtigen Wettspinnen in Hüpstedt ließen sich alle Wettbewerber von Innen- und Außentemperaturen von über 30 Grad nicht beirren. Ab und zu wurde als besonderer Service der Schweiß abgewischt.

Rekordmarke von Ingersleben deutlich überboten



Würde der 2004 im mittelthüringischen Ingersleben aufgestellte Fadenrekord von 157 Metern überboten werden? Tatsächlich, alle waren erstaunt, als Gertrud Schechinger aus Heldburg mit 188 Metern den Wert deutlich toppte. Beim letzten Wettspinnen betrug ihre Fadenlänge lediglich 40 Meter. Während der Genesungsphase von einer Krankheit widmete sie sich dem ausdauernden Spinnen. Es hat sich gelohnt. Gabi Mewes und ihre Tochter Marie Mewes belegten mit 158 bzw. 150 Metern Platz 2 und 3 der Gesamtwertung. Beide sind im ostthüringischen Eliasbrunn bei Bad Lobenstein daheim.

Freudig wurde der große Anteil junger Frauen bei den Wettbewerberinnen aufgenommen.



Das Interesse am Spinnhandwerk ist lebendig. Vier Teilnehmer unter 18 Jahren zeigten besonders, dass es eine Zukunft gibt. Lea Sophie Zimmermann aus dem Rhöndorf Oechsen ist bereits seit Jahren bei zahlreichen Wettspinnen dabei. Diesmal erreichte sie eine Länge von 95 Metern und siegte damit in der Kategorie der Teilnehmer unter 18 Jahren. Der 13-jährige Justin Neubauer aus Hüpstedt erreichte als einziger männlicher Teilnehmer mit einer Fadenlänge von 84 Metern den 2. Platz bei den unter 18-jährigen, gefolgt von Patricia Heß aus Tambach Dietharz und der 10-jährigen Marietta Kaufmann aus Hüpstedt.


Die älteste Teilnehmerin kam übrigens mit 82 Jahren aus Hüpstedt: Maria Gwisdek war mit Feuereifer dabei. Die 78-jährige Luise Bachmann aus Hüpstedt bildet seit Jahren Kinder in der Spinnkunst aus. Justin Neubauer ist einer ihrer gelehrigen Schüler. Mit 78 Metern schaffte Luise Bachmann selbst einen mittleren Platz.


Couplets und Volkslieder



Unerwähnt bleiben darf auch nicht das umfangreiche Rahmenprogramm. Eichsfelder Heimat- und Trachtenvereine erfreuten mit Schnorren, Liedern und Tänzen. Durch den ganzen Tag begleitete Tobias Fuchs aus Schmalkalden an der Gitarre, der seine Sängerlaufbahn vor 15 Jahren in einer Schülerband begann. Volkslieder zum Mitsingen, eigene Dichtungen und Couplets von Otto Reuter boten musikalisch für jeden etwas. Ein Hochgenuss war der Eichsfelder Kuchen, am Rost wurde mit Bräteln und Bratwurst für deftige Gaumenfreuden gesorgt. Zufriedene Gesichter am Abend, Lob für Spinnerinnen und Ausrichter und Lust auf ein 5. Wettspinnen machten die Veranstaltung ganz rund.




Text: Dirk Koch
Bilder : Norbert Sander

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