Der Berliner in Thüringen

Der Berliner in Thüringen

Kamingespräch des Heimatbundes mit Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff


Eine Feuerstelle gab es beim Kamingespräch des Heimatbundes Thüringen im Erfurter Benaryspeicher Anfang April nicht mehr. Der Name dieser Runde kommt noch aus der Zeit, als der obligatorische Tagungsort Schloss Elgersburg war, dort natürlich mit Kamin. Knisternde Spannung entstand beim Diskutieren und Reden zum Thema „Heimat, Kulturlandschaft, Identität“ mit dem Chef der Thüringer Staatskanzlei und Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff trotzdem genug. In einer offenen Atmosphäre wurden Themen wie kulturelle Identität, Partizipation und Zukunft des ländlichen Raumes, aber auch das Selbstverständnis des Heimatbegriffes erörtert.

Heimat ist sehr individuell



Prof. Dr. Hoff ist kein Thüringer, sondern ein Berliner. Seine Frau stammt aus dem Allgäu. Ihre Eltern sind stolz darauf, dass die Familienmitglieder bereits seit Jahrhunderten auf ihrem Land als freie Bauersleute leben. Solcherlei Ansichten waren für Hoff ganz neu. Was ist Heimat? Ist es die Beziehung, die Ehe, die Familie? Ist es der Ort, wo man her kommt? Ist es der Ort, den man selbst prägt? Ein Ort, eine Region, die gestaltet wird, kann zur Heimat werden. Das sind persönliche Erfahrungen Hoffs, die gewissen allgemeinen Charakter haben. Heimat ist nicht festgeschrieben, sie kann sich ändern. Heimat ist, so war er sich sicher, für jeden Menschen doch etwas anderes. Für den einen bedeutet sie schlicht und einfach den Lebensort, die Familie, die Arbeit im Verein. Heimat kann zur Sehnsucht werden, nach dem was früher war. Jeder erlebt prägende Erfahrungen, die sein Verhältnis zur Heimat aufbauen.


Ländlicher Raum ist Kulturlandschaft


Für Prof. Dr. Hoff ist Thüringen nicht nur die Städtekette entlang der A4 mit den kulturellen Leuchttürmen. Es gibt viele kleinere Leuchtfeuer im Land, Kultur in Thüringen findet sich in der Fläche. Kulturlandschaft ist ländlicher Raum, so Hoff. Aufgefallen am Freistaat ist ihm vor allem die Residenztradition. Als „Zugereister“ kann er das besonders gut sehen, denn er hat den Blick des Ankommenden, des erst noch Fremden. Überall gibt es Schlösser ehemaliger Kleinstaaten und ihrer Herren, meist mit allem, was dazugehört. Theater, Bibliotheken, Museen und Kunstkammern findet der Thüringer nicht nur in Gotha, Weimar oder Rudolstadt und in den vielen anderen ehemaligen Hauptstädten der Kleinstaaten, sondern zudem in den zahlreichen Schlössern und Gutshäusern auf dem Lande. Dazu kommt noch, dass in Thüringen sehr viele Dörfer ihre eigene Kirche haben. In diese Zentren mit Vergangenheit zieht es die Bewohner umliegender Ortschaften bis heute.


Text: Dirk Koch


Foto: Norbert Sander