Thüringen stellt Antrag für ganz Deutschland

Die regionalen Trachten der deutschen Landschaften
Thüringen stellt Antrag für ganz Deutschland


Der Freistaat Thüringen hat die Bewerbung des Deutschen Trachtenverbandes angenommen „Die regionalen Trachten der deutschen Landschaften“ als Antrag zum Immateriellen Kulturerbe einzureichen. „Thüringen nimmt eine Vorreiterrolle ein. Dafür bin ich dem Freistaat sehr dankbar“, so Präsident Knut Kreuch in einer ersten Stellungnahme. Auf Kreuch`s Anregung hin hatte sich der Thüringer Landestrachtenverband e.V. mit der Bewerbung beschäftigt und den Pädagogen Dirk Koch aus der Ortschaft Ingersleben gebeten, den umfänglichen Antrag zu erarbeiten. Erste Ideen einen solchen Antrag zu stellen gab es im Jahr 2013 als der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein der „Tracht des Jahres 2012“ einen Empfang in seiner Staatskanzlei gewährte. Es war Torsten Albig, der Knut Kreuch und die Trachtenträger bat, einen Antrag zum Immateriellen Kulturerbe zu überlegen.


Und was soll geschützt werden?


Dazu muss man aus dem Antrag zitieren „Die Tracht wird als Kleidung der ländlichen Bevölkerung bezeichnet, deren Verbreitung regional, zeitlich und konfessionell begrenzt ist. Sie wechselt in den vorgeschriebenen Grenzen nach Anlass und spiegelt den sozialen Status wider. Trachten sind Ergebnis einer langwierigen Entwicklung. Sie verkörpern eine geschichtliche Entwicklung die sich angepasst hat. Tracht hat sich immer verändert, wenn es Menschen und Notwendigkeiten erforderten“. Das ist kurz und prägnant auf den Punkt gebracht, was das Phänomen der Tracht kennzeichnet. Der Antrag geht auch darauf ein, dass das 1.Gesamtdeutsche Bundestrachtenfest 1994 im thüringischen Wechmar maßgeblich die deutsche Trachtenlandschaft zusammenführte und den Deutschen Trachtenverband zum bundesweit umspannenden Bundesverband entwickelte.


Fazit: Die regionalen Trachten der deutschen Landschaften werden heute meist in Vereinen des Deutschen Trachtenverbandes in zahlreichen Trachten- und Heimatvereinen aber vereinzelt auch noch privat getragen.



Was sagt uns Tracht heute?


Tracht gibt Auskunft aus welcher Region ich komme, wie meine wirtschaftlichen Verhältnisse, meine soziale Stellung oder mein Personenstand sind. Ich sehe an der Tracht, ob ich freudig gestimmt oder traurig bin. Tracht verfolgt keinen Kleidungsstil, oder um es modern zu sagen: sie ist kein Lagerfeld, kein Klum-Produkt und auch nicht H&M.


Und was leisten Trachtenträger heute?


Die regionalen Trachten und ihre Träger erreichen eine breite Masse der Öffentlichkeit. Sie leisten einen großen Beitrag dazu, die Menschen regional mit der vielfältigen Kultur vor Ort in einen Bezug zu bringen und zu interessieren. Wer Trachten trägt spricht Mundart, der tanzt und singt gern, der restauriert Bauwerke und Wanderwege, er übt traditionelle Handwerkstechniken aus und feiert regionale Brauchfeste. Die Träger der Trachten sind weltoffen und möchten ihre regionale Kleidung und die damit verbundenen Tätigkeiten und Brauchhandlungen erhalten. Die Trachten erlauben ihnen die Verortung der regionalen Herkunftseinheit und damit die bessere Orientierung und Handlungsfähigkeit in einer sich globalisierenden Welt.


Gibt es Risikofaktoren für die Tracht?


Ja. Obwohl die Trachten und ihre Träger stark in der Öffentlichkeit präsent sind, werden sie nicht als ernsthaftes Element der Kultur wahrgenommen. Hier steht konkret die Gefahr, dass Trachten als Merkmale regionaler Identität verkannt werden. Eine Eintragung ins Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes wäre eine besondere Aufwertung der regionalen Trachten der deutschen Landschaften. Die Menschen würden dann die Trachten wieder mehr als Zeichen der kulturellen Herkunftseinheit wahrnehmen. In dem Wort Tracht steckt eben auch das Wort trachten, was sich aus dem Wortstamm nach Verantwortung trachten ableitet und damit eine gesellschaftspolitische Aufgabe ist.


Der Deutsche Trachtenverband e.V. und seine Landesverbände sind seit 2006 durch die Vergabe des jährlichen Prädikates „Tracht des Jahres“, die Ausrichtung Deutscher Trachtenfeste im Rhythmus von 3 bis 5 Jahren, die Veranstaltungen zum „Tag der Tracht“ am dritten Sonntag im Oktober, die jährlichen Deutschen Trachtentage in verschiedenen deutschen Landschaften bemüht, dem Trend entgegenzuwirken und die Trachten der deutschen Landschaften als lebendiges Erbe und Kulturgut für Generationen zu erhalten.


„Nun heißt es Daumen drücken und kämpfen“ so Knut Kreuch, der alle seine Landesverbände und die zwei Millionen Trachtenträger in Deutschland bittet mit den Verantwortlichen vor Ort und den Entscheidungsträgern in Berlin ins Gespräch zu kommen, um aus dem Antrag aus Thüringen eine Aufnahme ins Immaterielle Kulturerbe werden zu lassen.


Text: Knut Kreuch
Foto: Eva Kowalewski